OTTO BUCHEGGER ERZÄHLT

Zu den anstrengendsten Tätigkeiten, um in meiner Jugend Geld zu verdienen, gehörte das Kegel aufsetzen. Einmal pro Woche, vier Stunden lang gingen dann an einem Abend hunderte von Kegel durch meine Hände. Es war durchaus auch gefährlich, wenn irgendjemand nicht aufgepasst hat. Einmal hatte ich die rollende Kugel an den Fuß bekommen, ich weiß also, wovon ich rede.

Aber es wurde für meine Verhältnisse brauchbar bezahlt. Und ich konnte dabei gut Vokabel lernen, immer ein Wort zu einer Zeit, dann raus auf die Bahn und das Wort ständig wiederholen. Ich wurde ein guter Schüler dabei.

Die Arbeitszeit ging von 18 bis 22h, danach noch ein Stunde Heimfahrt in einen Vorort von Linz, so um 23h war ich dann zuhause. Ziemlich verdreckt, todmüde und auch hungrig. Der Veranstalter hat nur Sprudel als Getränk zur Verfügung gestellt. (Er war auch sonst ziemlich geizig und als wir Kegelbuben mehr Geld gefordert haben, wurden wir wegrationalisiert und es wurde eine Maschine angeschafft.)

Zuhause gab es dann die beste Jause (die Schwaben würden Vesper dazu sagen), von meiner Mutter liebevoll zubereitet auf dem Tisch, sie selbst hat schon tief geschlafen. Zwei Bauernbrote, mit selbst ausgelassenem Schweineschmalz bestrichen, gut gewürzt mit Salz und Pfeffer, mit Zwiebeln belegt und dazu ein großes Glas Milch. Noch nach fast 60 Jahren später, läuft mit beim dran denken das Wasser im Mund zusammen. Das Schmalzbrot hat mich auch während des Studiums lange begleitet, es hat meinen ständigen Hunger ganz gut gestillt.

Bald nach dem Studium und vor allem nach meinem Wechsel von Wien nach Deutschland hat sich so etwas wie Wohlstand eingestellt. Ich konnte es mir leisten auch gelegentlich ins Restaurant zu gehen und auch während meiner Arbeit gab es in der Firmenkantine wirklich leckeres und auch gesundes Essen.

Glückliche Umstände haben mir dann die Welt der Haute Cuisine eröffnet. Viele Essreisen nach Frankreich haben mir oft wunderbare Erlebnisse beschert. Und ich hatte auch gute Lehrerinnen, die mir halfen, alle Scheu gegenüber ungewohntem, wie z.B. Austern oder Schnecken, abzulegen.

Ich habe auch gelernt diese Speisen selbst zu kochen und ich konnte auch bald alle passenden Getränke dazu genießen. Das Interessante daran war, ich bin weiterhin schlank, ja fast sogar dürr dabei geblieben (BMI 23).

Mit etwa 45 wurde dann sehr hoher Blutdruck festgestellt und die Medizin dagegen hat mich dick werden lassen (BMI 29). In der Folge habe ich meine Essgewohnheiten stark verändert und nach meinem vorzeitigen Ausscheiden aus der regulären Arbeit mit 50 wurden auch die damit verbundenen finanziellen Einschränkungen stark spürbar.

Aber als Hausmann konnte ich weiterhin selbst kochen und eigentlich hat es mir an nichts gemangelt. Die Auswahl wurde nur geringer, aber die Freude am Essen ist mir geblieben. Und übrigens auch mein hoher BMI, trotz jetzt ganz normalen Blutdruckwerten.

Wenn ich zurückblicke, dann waren die Esserlebnisse in unzähligen Restaurants und auf vielen Reisen eine große Freude für mich. Gutes Essen und Trinken kann wirklich glücklich machen. Dazu nette Gesellschaft und auch Erfahrungsaustausch über unzählige Themen. Was gibt es schöneres?

Ich vertrage heute (2017, mit 73) kaum noch Alkohol und trinke deshalb auch keinen mehr. Aber ich denke trotzdem gerne an die vielen, feuchtfröhlichen Feste meiner mittleren Lebensjahre. Der Höhepunkt des Genusses waren eine Zigarre, ein Cognac und ein starker Kaffee zum Abschluss. Heute wäre das ein sicherer Grund für einen Schlaganfall. Deshalb unterlasse ich das. Aber es war schön und ich denke gerne daran.

Gelegentlich gönne ich mir immer noch einige andere Freuden von früher. Zum Beispiel eine Ritter Sport Schokolade (mit Haselnüssen oder Nougat, 100 Gramm auf einmal), eine Lindor (eisgekühlt aus dem Tiefkühlschrank und dann Stück für Stück auf der Zunge zergehen lassen). Einige Essen aus meinem kleinen Kochbuch. Und ich teste auch immer wieder neue Zubereitungsarten von z.B. Gemüse.

Wie gesagt, mein Erlebniswelt war eine große, aber immer noch schätze ich die einfachen Gerichte. Und wenn ich es hier in Tübingen in der entsprechenden Qualität bekommen würde, dann würde ich immer noch einem Schmalzbrot mit Zwiebeln und (heute) einem Glas Buttermilch den Vorzug geben. Aber leider, die Zeit ist vorbei. Und auf vegan, bio, fair oder was sonst hier politisch korrekt ist, kann ich gut verzichten. Mangelernährung hatte ich schon genug in meinem Leben.

Freude zum Schluss

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