OTTO BUCHEGGER ERZÄHLT

Essen, Kernfragen und Umfragen

Ich habe in meinem Leben viel Zeit in Sanatorien und Altersheimen verbracht. Zum Glück weniger als Patient, sondern als Besucher.

Und was tut man als Besucher? Man stellt Fragen und bekommt Antworten. Man merkt schnell, dass die Glaubwürdigkeit der Antworten stark schwankt, um es vorsichtig auszudrücken. Ich könnte auch sagen, dass man oft belogen wird.

Es ist auch schwer zu beurteilen, wenn die Umstände schwierig sind, jemand Schmerzen hat oder sich in einer neuen Situation erst zurecht finden muss.

Aber selbst, wenn die Situationen erfreulich sind, wie zum Beispiel im Urlaub, wird ein kurzes Feedback wenig über die wahre Qualität aussagen.

Würden Sie das noch einmal machen? Können Sie das auch anderen empfehlen? Beide Fragen haben Sie sicher auch schon erlebt.

Offenbar ist es schwierig, richtige Einschätzungen zu finden und zu kommunizieren. Fragt man nicht direkt, erfährt man oft unvermutet mehr. Scheint paradox zu sein. Ich sehe das auch oft bei Interviews von deutschen und auch österreichischen Journos mit den Größen der Politik. Die meisten Interviews, die ich erlebe, könnte ich auch selbst erfinden. Sie sind einfach ein Pingpong und abgebrühte Politiker gewinnen dabei meist.

Aber gibt es mehr Zeit (wie zum Beispiel bei NDR DAS!), dann erfährt man oft wesentliches. In Nebensätzen, in kurzen Bemerkungen, in der Art, wie betont wird. Wann jemand seufzt oder wann jemand lächelt.

Wie war das Essen?

In meinem Berufsalltag waren wir oft auf Reisen und wenn jemand zurückkam, wurde nachgefragt, was man erfahren und auch gelernt hat. Wir mussten ja auch von einander lernen. Die Schlussfrage war dann oft: WIE WAR DAS ESSEN?

Diese Frage bringt erstaunlich viele Aspekte ans Tageslicht und ich fasse heute (mit einigen Jahrzehnten Erfahrung) zusammen: Sie ist die wichtigste Frage, wenn man schnell eine Situation einschätzen will.

Da ich neben einem Altersheim wohne und auf dem Spazierweg oft auch neue Bewohner treffe, stelle ich auch ihnen diese Frage. Sind sie mit dem Essen zufrieden, dann stimmt auch alles andere, sind sie mit dem Essen unzufrieden, dann sind sie insgesamt unzufrieden. Und meist hat das Heim selbst daran wenig Anteil.

Die Kernfragen

Ich nenne solche Fragen Kernfragen, weil sie den Kern einer Situation oder Sache beschreiben. Für Kern kann man auch Seele sagen. Und wer den Kern oder die Seele versteht, entscheidet dann meist richtig, wer die Seele nicht versteht, wird ziemlich sicher Misserfolg haben.

Schon vor einiger Zeit habe ich beim Kapitalismus versucht, die Seele zu finden und es ist mir dann letztlich - mit Hilfe einer Kapitalismuskritikerin - auch gelungen.

Ich habe mich auch lange gefragt, was die Seele der EU ist und bin immer noch dabei, daran zu verzweifeln. Es sind zu viele Aspekte, die beantwortet werden müssten. Und es gibt zu wenig Gemeinsamkeiten, auf die man sich einigen könnte. Und es gibt zu viele Lobbyisten, die die Konzentration der Macht ausnützen.

In letzter Zeit (2023) versuchte ich die Seele von Twitter zu verstehen. Aber dies ist einfach. Es sind nur wenige Säulen, die Twitter erfolgreich gemacht haben: Global, schnell, kurz, zuverlässig, unabhängig. Nützliche Informationen, gefiltert durch #Hashtags, bezahlt durch Werbung.

Warum Essen?

Essen ist nicht nur die Zufuhr von Energie für den Körper eines Lebewesens. Es wird dann in einem komplexen Verdauungsprozess aufbereitet und was nicht verwertet werden kann, wird wieder ausgeschieden.

Die Evolution hat dafür gesorgt, dass Essen - ähnlich wie bei der Sexualität - auch Spaß macht, es sozialisiert, mit einem Wort wesentlicher Teil der Kultur geworden ist.

Essen (und verbunden damit auch Fasten) hat in allen Religionen auch rituelle Bedeutung und es ist für viele selbst auch eine Ersatzreligion geworden.

Erst in den letzten Jahren hat die Medizin alle Abschnitte des Darms, die zum Teil auch Tabuthemen waren, in ihrer Wichtigkeit erkannt.

Es leuchtet mir also durchaus ein, dass mit der Frage nach dem Essen mehr als nur die Nahrungsaufnahme beantwortet wird.

Und wenn man dies akzeptiert, wird man in der Bildung auch mehr auf Essens- oder Geschmacksfragen eingehen. Früh den Gaumen auf Neues einstellen, scheint mir wichtig zu sein.

Andere Fragen

Ich habe versucht ähnliche, andere Fragen zu finden. Es gibt nur eine, die fast so aussagekräftig ist, wie das Essen. SIND SIE ZUFRIEDEN?

Von meiner alten Mutter weiß ich, dass auch sie diese Frage nicht ehrlich beantwortet hat. Aber sie hat gesagt, wenn sie JA sagt, lässt man sie eher in Ruhe. Wenn sie NEIN, sagt muss sie viel erklären und es ändert sich trotzdem nichts. Also war sie zufrieden.

Auch Geld hilft bei der Suche nach der Wahrheit: Wieviel würden Sie dafür bezahlen? Aber das ist ein weiteres Thema, das hier den Rahmen sprengt.

Wer eine bessere Antwort weiß, darf sie mir gerne mitteilen. Die weiteren Abschnitte waren für mich auch interessant, aber man versäumt nicht viel, wenn man sie überspringt.


Der Wert von Umfragen

Sie sind beliebt, sie sind wirkungslos, sie beeinflussen uns, sie sind bedeutungslos? Das erinnert mich an manche Multiple-Choice-Quizfragen, die alle gleich bedeutend erscheinen, wo aber nur eine davon als richtig gewertet wird.

ChatGPT meint dazu

"Insgesamt können Umfragen einen wertvollen Beitrag leisten, wenn sie sorgfältig geplant und durchgeführt werden und wenn man die Grenzen der Ergebnisse versteht. Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass Umfragen nicht unbedingt eine vollständige und genaue Darstellung der Meinungen oder Verhaltensweisen einer Zielgruppe geben, sondern nur einen Ausschnitt davon"

Wann bekommt man bei Umfragen ehrliche Antworten?

"Es gibt keine Garantie dafür, dass jeder, der an einer Umfrage teilnimmt, immer ehrliche Antworten gibt. Es gibt jedoch einige Faktoren, die dazu beitragen können, dass die Antworten in Umfragen ehrlicher sind:

Anonymität: Wenn die Umfrage anonym ist, sind die Teilnehmer eher bereit, ehrliche Antworten zu geben, da sie keine Angst haben müssen, dass ihre Antworten gegen sie verwendet werden.

Vertrauen: Wenn die Teilnehmer Vertrauen in den Umfrageersteller und das Ziel der Umfrage haben, sind sie eher bereit, ehrliche Antworten zu geben.

Klare Fragen: Wenn die Fragen klar und verständlich formuliert sind, können die Teilnehmer die Fragen besser verstehen und genauer beantworten.

Offenheit: Wenn die Umfrage eine offene und nicht voreingenommene Herangehensweise hat, werden die Teilnehmer eher bereit sein, ehrliche Antworten zu geben, ohne dass sie befürchten müssen, dass ihre Antworten beurteilt werden.

Zeitrahmen: Wenn die Teilnehmer genügend Zeit haben, um die Fragen zu beantworten und nicht gehetzt werden, können sie ihre Antworten besser überdenken und ehrlicher antworten.

Insgesamt kann es hilfreich sein, eine Umfrage sorgfältig zu planen und zu gestalten, um sicherzustellen, dass die Teilnehmer die bestmöglichen Antworten geben und ehrlich und genau auf die gestellten Fragen antworten."

Ich selbst habe in zwei Bereichen persönliche Erfahrungen dazu machen müssen. Zuerst die positiven.

Extreme Einfachheit des Abstimmens hilft beim Beantworten. Wenn ich bei dm Fotos mache, kommt direkt nach dem Ausgeben der Fotos ein Schirm mit Smilies.

Abstimmen direkt beim oder sofort nach dem Erlebnis hilft auch. Wenn ich nach dem Kinobesuch beim Rausgehen meine Kinokarte in einen der drei Kästen werfen kann, der meine Meinung trägt (war gut, naja, war schlecht), ist die Chance groß, eine wichtige Antwort zu bekommen. Wo es keine Kinokarten gibt, kann man einem Besucher einen Wahltoken zum Abstimmen geben.

Nützlich finde ich auch ein Kontinuum anzugeben. Mit zwei Endpunkten und beliebig vielen Zwischenwerten. Also nicht nur ein JA oder NEIN.

Die spontane Antwort ist meist ehrlicher, als eine, über die viel und lange gegrübelt wurde.

Man muss die Brauchbarkeit von Umfragen testen, aber wenn man sich auf einen Text geeinigt hat, ihn leider immer wieder verwenden. Denn nur dann kann man die Ergebnisse (Fortschritt, Rückfälle) vergleichen. Irgendwann wird sie dadurch obsolet.

Und jetzt die Negativen. Der ADFC Fahrradklimatest ist nichtssagend geworden, weil viel zu viele Fragen beantwortet werden sollen. Die Verlockung dazu ist groß, weil die Autoren glauben, damit auch eine Anleitung für Verbesserungen zu finden.

Ich habe den gleichen Fehler bei der Beurteilung von betrieblichen Lehrveranstaltungen gesehen. Auch hier zu viele Fragen. Er wurden dann später nur drei Fragen direkt am Ende der Veranstaltung gestellt. War es nützlich für Ihre Arbeit? Haben sie den Vortrag verstanden? War der Aufwand für die Teilnahme richtig?

Bei Umfragen der Politik ist immer ein Quorum (eine Mindestbeteiligung, 30 Prozent haben sich bewährt) wichtig, auch wenn sie nicht vorgeschrieben ist und ein aktueller Anlass. Es macht also keinen Sinn, eine Sonntagsfrage zu einer Wahl zu stellen, die erst in einigen Jahren wieder kommt. Denn es kann auch ermüden, zu oft befragt zu werden. Das Quorum verhindert, dass Pressure Groups das Ergebnis verfälschen.

Ich selbst habe auf Twitter früher oft Umfragen gestartet. Es hat sich nicht wirklich bewährt. Es lag nicht nur daran, dass ich kaum Follower habe. Nein, es ist einfach schwierig, treffende Prognosen zu machen. Meine Zusammenfassung dazu: Nur wer keine Prognosen macht, macht auch keine falschen.

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